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Akzeptanz der neuen Klappe


mendikant

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Guten Morgen zusammen!

Nachdem es mir nach meiner Klappen-OP im Dez.11 relativ schnell gut ging, habe ich mich nur noch sporadisch hier blicken lassen.

Körperlich ging es mir relativ schnell wieder gut, und wir waren alle erstaunt, wie gut mein Körper die OP Weggesteckt hat. Im Kopf habe ich etwas länger gebraucht. 

Bis zum vergangenen Wochenende war ich der festen Überzeugung, dass ich mich mit dem ganzen Thema ausreichend beschäftigt habe und die Sache ordentlich verarbeitet war.

Dann sind mit meine Gefühle um die Ohren geflogen. Meine Ärzte drängen mich alle doch mal wieder ein paar Kilo abzunehmen und was für meinen Körper zu tun. Rational gesehen kann ich denen immer nur recht geben, aber emotional wehre ich mich massiv dagegen.

 

Und so wie es aussieht ist mir am Wochenende hochgekommen was Sache ist:Wenn ich an meine Klappe denke und mir vorstelle wie da dieses Ersatzteil in mir arbeitet, gruselt und ekelt es mich. Mir ist bewusst, dass ich nur dank dieser Klappe lebe und ihr dafür eigentlich dankbar sein müsste. Aber alleine dieser Gedanke löst in mir Hassgefühle ggü. der Klappe aus. 

Ich bin froh, dass es "nur" eine biologische Klappe geworden ist und ich nicht noch das Klicken ertragen muss. 

 

Ich bin ein wenig erschrocken, wie wenig ich die Klappe nach nun 1,5 Jahren akzeptieren kann. Es geht sogar soweit, dass ich mir nicht einmal mehr vorstellen könnte, irgendwann eine Organspende anzunehmen. (ich denke ich würde noch heftiger ablehnend reagieren)

Seit 14 Jahren trug ich einen Organspendeausweis mit, in dem vermerkt war, dass ich Organspender bin. Als jetzt im Frühjahr die KK diese Große Organspendenausweisaktion durchgeführt haben, 

 

Ich bin noch immer ein wenig überrascht, wie heftig meine Emotionen in der Sache sind. Vor allem war ich die erste Zeit wirklich froh, noch am Leben zu sein, und zu merken, wie es mir körperlich immer besser ging. Ich fand das mit der Klappe damals schon "gruselig" aber die positiven Emotionen überwogen. 

 

Meiner Frau war ähnlich überrascht. "Ich kann nicht verstehen, wie man solche Probleme hat, aber wenn es jemanden gibt, bei dem ich mir vorstellen könnte, dass er so denkt, dann bist du das" waren ihre Worte...

 

Hatte jemand von euch eine ähnliche Erfahrungen gemacht? Und wie seid Ihr damit umgegangen?

Ich hoffe, dass meine Therapeutin diese Woche einen guten Tipp hat, wie ich meine Einstellung da ändern kann. 

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Hallo medinkant,

 

ich denke das fast jeder von uns sich nach seiner OP ähnliche Gedanken gemacht hat.

Ich habe ganz am Anfang auch hin und wieder darüber siniert das ich jetzt ein 'Fremdkörper' in mir trage. Und das war dann schon ein merkwürdiges Gefühl.

Ist ja auch einfach so. Das 'Ersatzteil' war da vorher nicht. Und es gehört auch eigentlich nicht dahin.

Aber auf der anderen Seite bin ich natürlich froh dank dieses Ersatzteiles noch ein paar Jährchen zu haben.

Sicher, die meisten von uns hätten die OP noch eine ganze Zeit hinauszögern können.

Aber spätestens wenn man nur noch mit Sauerstoffunterstützung kann ist das Überleben wichtiger. Und dann wäre die OP gekommen.

 

Ich habe irgendwann akzeptiert das die neue Klappe jetzt zu mir gehört und das ich nicht wirklich eine Wahl hatte.

 

Was sagt Deine Therapeutin zu der Sache? Würde mich sehr interessieren wie sie dazu argumentiert.

 

Gruß

Markus

 

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Ja - was die Therapeutin dazu sagt, würde mich auch interessieren.

 

Ich habe in Pulmonalposition einen Homograft, also eine menschliche Spenderklappe. Manchmal denke ich: Hm, ich hab ja eigentlich ein Teil eines anderen Menschen in mir. Aber es berührt mich nicht besonders.

 

Bei mir ist es so, dass die Angst vor der OP Auswirkungen hatte und hat. Ich habe jetzt regelrechte Angststörungen wegen Sachen, die höchstens nervig sein dürften. Eine Therapie hat nicht viel geholfen.

 

Ich wünsche dir alles gute und viel Erfolg mit der Therapie.

 

LG

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Hallo medikant

 

Auch ich kenne die zwiespältigen Gefühle gegenüber dem Fremdkörper im Herzen. Jedenfalls war das im ca. ersten Jahr so. Dann verblasste das "ungute" Gefühl und die Dankbarkeit überwog - sprich überlagerte die unguten Gefühle (fast) gänzlich.

Es ist gut, dass du in einer Therapie bist. Ich hab das auch so gemacht und es hat mir viel geholfen. Ich bezweifle, dass die Therapeutin dir eine fertige Antwort auf das "warum" geben kann. Aber sie kann dir helfen "deine Antwort" auf das "warum" zu finden.  

 

Alles Gute dir

ursela

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....Ich bin froh, dass es "nur" eine biologische Klappe geworden ist und ich nicht noch das Klicken ertragen muss. 

 

Hallo Mendikant,

 

vielleicht überwiegt die Angst in dir, dass du mit deiner biologischen Herzklappe in XY-Jahren wieder unter das Messer musst. Ich könnte mir das für mich belastend vorstellen.

 

Ich wünsche dir, dass du einen Weg findest, deine Herzklappe zu akzeptieren.

 

VlG

Sunny

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Hallo mendikant,

 

ich kann mir vorstellen, dass es für Dich im Alter von 34 grundsätzlich unvorstellbar war repariert werden zu müssen. Ob nun tickend und gerinnungsgehemmt oder zeitlich begrenzt mit der Option der erneuten Reparatur. Alles nicht das Gelbe vom Ei - besonders wenn man jünger ist.

 

OK - man kann dann auf dunkle Gedanken kommen und wenn man den Ausstieg nicht findet nehmen die immer mehr Platz ein und verdrängen die rationalen Gedanken. Doch da gegen kann Dir das Forum evtl. eine (zusätzliche) Hilfe sein. Schau Dir mal an mit welchen Strategien andere Klappler gegen die dunklen Gedanken vorgehen. Von dem einfachen "die Pumpe pumpt wieder gut - also weiter im Leben" bis zu sportlichen Zielen die man trotz oder gerade wegen der Reparatur erreicht. Auch sollte man nicht aus den Augen verlieren das es uns auch schlimmer hätte erwischen können - wir konnten repariert werden und haben eine Chance wieder mit einer guten Lebensqualität weiter zu machen. Gut das beinhaltet natürlich auch wieder, dass uns alle hier auch noch schlimmes passieren kann - aber andererseits unterscheiden wir uns genau deshalb nicht von "ganz" Gesunden.

 

Mich erwischen auch ab und zu dunkle Zeitabschnitte und ich nehme mir dann die Freiheit mich ein wenig zurück zu ziehen und meist hilft schon wenn ich mich selbst frage - "Was konkret bedrückt mich - besteht eine akute Gefahr - muss sofort gehandelt werden?". Dann stelle ich mir vor was ich alles machen kann oder muss - vergleiche das mit den "gesunden" Freunden/Bekannten und finde nur minimale Unterschiede in den Möglichkeiten. 

 

Also pack Dich selbst am Schopf - zieh Dich hoch - Dein "Ersatzteil" ist weder böse noch gut, es funktioniert wie der Rest Deines Körpers - alles was passieren kann könnte auch jedem Anderen passieren. Was in einigen Jahren sein wird, wird sich zeigen und bei guter Kontrolle kommt es nicht plötzlich sondern lässt eine Planung zu.

 

Nun klingt ein wenig holperig - bin ja aber auch kein Püschologe - hoffe aber das Du die Kurve bekommst und wieder unbeschwerter Leben kannst.

 

MfG

Thomas W.   

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Hallo mendikant,

 

ich wurde vor 7 Wochen ebenfalls in Lahr operiert und man wollte mir auch eine Freestyle einbauen. Da ich 45 bin, hab ich mir aber die künstliche SJM gewünscht, sauber begründet und auch bekommen. Ich bin diesbezüglich zwar noch ganz frisch, aber dennoch kann ich eine Aussage machen.

 

Ich habe deine Zeilen gestern Abend spät mit großem Erstaunen und Bissl Entsetzen gelesen und erstmal mit ins Bett genommen - heute ist auch noch ein Tag. Ich kann nur sagen, dass die neue Klappe für mich ein Segen ist, mich gerettet hat, ich sie eher liebe, vollständig akzeptiere und sogar ihr leises, mich beruhigendes Klicken gerne höre - wenn es eben still ist, so wie jetzt gerade. Wir wissen alle, dass man immer die Wahl zwischen Pest und Cholera hat - Re-OP oder Klicken und Marcumar. Ich wollte möglichst nie wieder auf den Tisch und lebe - wie viiiele andere Menschen - mit dem Rattengift ganz prima. Ok, ist ja noch nicht so lange...

 

Ich finde es schade, dass du dich so sehr gegen einen Teil von dir streuben musst - wollen tust du's ja sicher nicht!? Ich kann mir irgendwie auch nicht vorstellen, dass sich die Sichtweise nach 1,5 Jahren so schnell und so grundlegend ändern kann. Vermutlich wird sich meine nicht mehr ändern, nur weiter manifestieren. Wahrscheinlich hängt es auch davon ab, wie stabil jemand psychisch ist - ich habe im Freundeskreis etwa zwei Leute, bei denen ich mir vorstellen kann, dass sie in deiner Situation noch heftiger als du reagieren würden, aber ich siedele mich auf der anderen Seite an.

 

Vielleicht gelingt es dir, dich etwas weniger zu versteifen, denn eine Wahl hast du ja nicht. Du kannst sie ja nicht einfach loswerden, sondern brauchst sie. Und stören tut sie dich ja wohl nicht? Kein Geräusch und keine Marcumar-Einnahme - ich hingegen habe sie sehr oft genau dadurch präsent...

 

Und was das Übergewicht anbelangt: Ein Mann ohne Bauch ist ein Krüppel! Ich hab ja auch nen Waschbärbauch (BMI 26) und ich denke, bis 28 oder 30 ist noch alles ok, wenn man sich gut fühlt. Liegst du deutlich darüber, so solltest du wirklich was daran änder, zumal es gefährlich sein kann. Abgesehen davon ist es nicht toll, wenn man beim Schuhezubinden anschließend nach Luft japst oder beim GV alles mit Schweiß volltropft. Sorry für die offenen Worte, aber so isses, hatte ich mal früher...

 

Kopf hoch, deine Bioklappe macht es dir sogar ziemlich einfach, sie zu mögen! =)

 

Herzlichst, Michael

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Ich habe volle fünf Jahre gebraucht, mich mit dem Geklapper abzufinden. Genauer gesagt hat es mich nur ständig daran erinnert, was mit mir ist. Ich hab mir dann immer ausgemalt, wie toll es doch wäre, wenn ich eine biologische Klappe hätte. Inzwischen sind ja schon viele Jahre vergangen und ich hab mich dran gewöhnt. Wenn es ruhig um mich wird, höre ich aber immer noch in mich rein, das wird wohl so bleiben. Vor der OP trug ich immer einen Organspenderausweis bei mir. Jetzt nicht mehr, weil sich mein Standpunkt zu dem Thema krass geändert hat. Aber das ist wieder ein anderes Thema. Ich beruhige mich immer mit dem Gedanken, dass wir mit unseren fremden Herzklappen doch so viel besser bedient sind als andere Kranke. Es gibt so viel fiesere Sachen. Und eigentlich geht es uns doch gut. Die Gedanken lassen sich leider nicht abschalten. Darum sollte man versuchen, ihnen eine andere Richtung geben. Gruß Reni

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Hallo Medikant

 

auch ich war nur noch selten hier im Forum. Ich habe zwar "nur" eine MKR aber hin und wieder beschäftigt mich der Gedanke, dass der Faden irgendwann reißen könnte und alles wieder von vorn anfängt. Ich habe zwar keine Ersatzklappe bekommen, aber so komisch es klingen mag, vor der Op hatte ich mein Herz nie so bewusst im Kopf. Es war so, als würde mein Herz für immer funktionieren. Jetzt ertappe ich mich manchmal mit den Gedanken oder Ängsten bei manchen Aktivitäten, "hei, eineinhalb Jahre sind seit der op vergangen, kommt mir doch ewig vor... nun, was ist, wenn es nur noch ein Jahr hält, oder 2,3? Oder 10?" Dann lenke ich den Gedanken ab mit, "Dann Pech halt...Wer weiß was sonst..." Augen zu, Gedanken wechseln und einen "anderen Film abspielen"...

 

Auch ich könnte mehr Sport treiben. Ich finde es eigentlich schade, dass ich nicht den Rhythmus von der Reha beibehalten habe. Ich esse zwar diszipliniert und bewusst, jedoch nehme ich mir zu wenig Auszeiten für Sport. Ich fahre so gern mit dem Fahrrad den Berg hoch, nach Feierabend. Würde noch vielmehr machen, aber dann denke ich an den "Atemtacho" und frage mich, könnte vielleicht der Faden reißen oder sich der Knoten lösen, wenn ich ausdauer training mache? :wacko: Dann mache ich wieder langsam oder manchmal wieder gar nichts.

 

Deine Ablehnung gegenüber dem "Fremdkörper" könnte vielleicht eine Ablehnung gegenüber der nun bewussten Zerbrechlichkeit, die wir nun leider nicht ändern können. Jedoch, wie dankbar könnte ich die Mediziner umarmen, die Ihre Arbeitszeit, Ihre Lebenszeit darin investieren, diese Limitierungen zu überwinden, für uns. Die neue Klappe ist ein Geschenk, so wie der Gore-tex Faden in meinem Herzen.

 

Liebe Grüsse

Carmina

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Vielen Dank für die vielen Antworten. Da ich letzte Woche Krank im Bett lag, komme ich erst heute dazu sie zu lesen. Therapietermin wurde dann auch verschoben. ich lese nochmal langsam, mache mir Gedanken und antworte nochmal ausführlich....

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