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Gedanken um Re-OP


Ajo

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Hallo liebe Foristen,

 

ich (51 J.) bin am 11.05.2022 aufgrund einer akuten Endokarditis, die offenbar meine Aortenklappe irreversibel geschädigt hat, in der Uniklinik Rostock operiert worden. Mir wurde im Zuge dieser OP eine biologische Ersatzklappe implantiert (Edwards Intuity Elite 25 mm).

Aufgrund massiver Symptome Fieber, Nachtschweiß und Schüttelfrost inklusive eines exorbitant hoher CRP-Wertes (75) habe ich mich nach einem ambulanten Facharzthopping ohne Ergebnis selbst am 09.05.2022 ins Krankenhaus eingewiesen. Leistungsabfall, Atemnot etc. hatte ich gar nicht. Bis zuletzt habe ich wie gewohnt Sport getrieben.

Die Chance, mich umfassend und eingehend über alle OP-Möglichkeiten (mechanisch, biologisch, Ross, Ozaki etc.) zu informieren bzw. beraten zu lassen, hatte ich aufgrund der äußerst geringen Zeitspanne zwischen Aufnahme in der Klinik und OP nicht. Diagnose und die Bekanntgabe der OP am offenen Herzen haben mich regelrecht „überrollt“.

Die OP ist optimal verlaufen. Null Komplikationen. Aufgrund meiner schlanken, sportlichen Konstitution vor der OP und ohne weitere Vorerkrankungen bin ich auch relativ zügig wieder fit geworden. Momentan befinde ich mich immer noch in der Klinik. Dies ist aber nur der noch bis zum 26.06.2022 notwendigen 6 x täglichen Antibiose (Antibiotika-Infusionen) geschuldet. Ansonsten bin ich sehr mobil, trainiere tägliche eine Stunde meine Kondition und (Bein-) Kraft im Treppenhaus. Zügige Spaziergänge über mehrere Kilometer sind kein Problem und strengen mich auch nicht mehr an als vorher. Von den Ärzten habe ich ausdrücklich keine Einschränkungen (Puls etc.) erhalten. Auch kann ich nach vollständiger Heilung des Sternums (Brustbein) nach ca. 3 Monaten wieder Kraftsport mit natürlich langsamer Steigerung ausüben.

Die letzte Ultraschalluntersuchung erbrachte auch ein perfektes Ergebnis. Ein anfänglicher Perikarderguss war ebenfalls vollständig ausgeheilt.

Ab 27.06.2022 geht es zur 3-wöchigen Anschlussheilbehandlung (AHB) nach Ahrenshoop direkt an die Ostsee (Fischland/Darss).

Körperlich fühle ich mich derzeit nicht so viel anders als vor der OP bzw. vor den Beschwerden. Beim derzeitigen Verlauf müsste ich eigentlich froh und glücklich sein. Bin ich aber nicht.

Mich hat die Diagnose mit anschließender OP am offenen Herzen völlig überrascht, um es mal gelinde auszudrücken. Zu Zeitpunkt der Einweisung in die Klinik hatte ich auf eine wesentlich mildere Diagnose mit ausschließlich medikamentöser Behandlung gehofft. Es kam anders.

Psychisch bin ich daher ziemlich am Ende. Niemand in meinem Umfeld (Familie und Freunde) hat unabhängig vom Alter so ein gravierendes gesundheitliches Problem. Bis zur Diagnose war ich gesund, sportlich und fit. Krankenhäuser kannte ich nur von Besuchen und aus dem Fernsehen. Ich fühle mich jetzt als Mensch nur noch halb so viel wert. Ich hätte gerne mein altes Leben zurück. Die Unbeschwertheit und Leichtigkeit sind weg. Dass man im Laufe seines Lebens das eine oder andere gesundheitliche Problem zu meistern hat, empfinde ich als normal. Aber mit 51 Jahren diese extreme Belastung??? Da hatte ich mir mein Leben (wie wir alle) ganz anders vorgestellt.

Warum ich die Endokarditis bekam, ist mir ebenfalls schleierhaft. Ich habe im Rahmen der Vorsorge und jetzt im Zuge des ambulanten Ärztehoppings 3 x ein „normales“ Ultraschall beim Kardiologen durchführen lassen (2014, 2020, 2022). Das letzte Mal am 07.04.2022. Immer alles in Ordnung. Eine telefonische Nachfrage vor einigen Tagen beim Kardiologen erbrachte auch keine neuen Erkenntnisse. Alles super, Aortenklappe normal und triskupid.

Man fragt sich: Warum ich??? Ich habe vor einigen Jahren einem Leukämiekranken mittels einer Stammzellenspende über die DKMS das Leben gerettet. Ich habe bis dato 58 mal unentgeltlich Blut gespendet. Bis zum Erreichen des Erwachsenenalters habe ich die Patenschaft für ein Kind in Uganda übernommen. Freunde und Familie habe ich immer unterstützt. Und nun hat sich das Leben so bei mir dafür „bedankt“. Es gibt keine Gerechtigkeit.

Ich habe das Gefühl, nie wieder gedanklich richtig frei zu sein. Man schläft mit seinem Problem ein und wacht damit auch wieder auf. Nichts anderes hat noch einen Wert. 95 Prozent aller Gedanken kreisen um dieses Thema.

Und dann beschäftigt mich auch jetzt schon das Thema Re-OP und will auch nicht raus aus dem Kopf. Mit meiner Bioklappe wird es mich ja ganz sicher treffen. Zwischen 1,5 und 18 Jahren Haltbarkeit ist ja in diesem Forum alles dabei.

Nun habe ich mich in der Zeit nach der OP sehr intensiv mit meiner gesundheitlichen Problematik auseinander gesetzt. Alles was das Netz so hergibt, habe ich regelrecht aufgesaugt. Leider war wenig Positives dabei. Ich habe auch Dr. Benedik (Krefeld) und Dr. Aboud (Lübeck) angeschrieben und von beiden Ärzten schnell und kompetent Antworten erhalten.

Meiner Meinung nach wäre die Ozaki-Methode oder alternativ die Ross-OP erste Wahl gewesen. Beides wird in Rostock nicht praktiziert. Zudem bin ich der Meinung, dass die neuartige Edwards Resilia Inspiris Bioklappe die bessere Wahl hinsichtlich der voraussichtlichen Haltbarkeit gewesen wäre. Na ja, es musste schnell gehen und dann blieb eben für solche Überlegungen keine Zeit.

Rein aus handwerklich-medizinischer Sicht wurde in Rostock gute Arbeit geleistet. Aber neuester Stand aller Möglichkeiten ist hier Fehlanzeige.

Die Vorstellung einer nochmaligen Brustkorböffnung, wann auch immer, ist für mich unvorstellbar. 
Leider hat sich für halbwegs lebensjunge Patienten wie mich in den letzten Jahrzehnten so gut wie nichts hinsichtlich minimalinvasiver Alternativen und der Haltbarkeit biologischer Klappen getan. Da fehlt dann auch die Zuversicht auf bahnbrechende Fortschritte in den nächsten Jahren.

Beim 10 Minuten-Vorgespräch einen Tag vor der OP sagte der Arzt: „Jetzt gibt‘s eine Bioklappe, dann können Sie alles machen wie zuvor, Medikamente brauchen Sie auch keine. Und in 10 bis 15 Jahren gibt‘s fix über die Leiste Ersatz und wieder haben Sie 10 bis 15 Jahre Ruhe.“ Na ja, ging wohl nur um die Unterschrift auf der Einverständniserklärung. 

Ich weiß, für manche mit ganz anderen Problemen hier im Forum ist das alles „jammern auf hohem Niveau“. Aber es sind halt die Gedanken, die mich umtreiben. Ich denke schon, dass sich da die/der eine oder andere von euch wiederfindet.

Vielleicht kann man sich hier ja ein wenig austauschen und sich gegenseitig Mut machen. Würde mich freuen von euch zu lesen.

 

Gruß Ajo 
 

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Hallo zusammen,

meine infizierten Herzschrittmacher-Elektroden wurden mittlerweile entfernt. Alles lief komplikationslos. Ich hatte mir vorher schon einige Sorgen gemacht, weil ich gelesen hatte, die Sonden seien zum Teil verwachsen mit der Herzwand und ließen sich deshalb dann nur schwer lösen.

Sorgen bereitet mir meine EEndokarditis.Meine Herzklappen sind allerdings nicht angegriffen. Trotzdem habe ich Angst, dass die Ärzte die Erkrankung nicht in den Griff bekommen. Manchmal bin ich ganz zuversichtlich, dann treten wieder Ängste auf.  Wenn mich die Gedanken zu sehr belasten, lasse ich mir eine Tavor geben. Das hilft bisher ganz gut. Ich muss ja diese sechswöchige Antibiotika-Therapie auch irgendwie psychisch überstehen.

Vielleicht gibt es ja hier im Forum Leute, die in einer ähnlichen Situation sind. So dass man sich auch psychisch unterstützen kann.

 

Viele Grüße

Dirk

bearbeitet von Dirk66
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  • 4 weeks later...

Hallo an alle Mitgeplagten,

alles ist für mich sehr überraschend gekommen. Nachdem ich 2006 mit 46 Jahren meine biologische Herzklappe in Lahr erhalten hatte (Medtronic Freestyle), musste diese 2020 nach 14 Jahren ausgetauscht werden. Es wurde mir dann in München eine mechanische Klappe St. Jude Medical 19 mm eingesetzt. Ich wollte wieder eine biologische Klappe haben. Diese hatte ja lange gehalten und man hat ohne Marcumar ein Leben ohne Einschränkungen. Es wäre bei meinen kleinen und engen Verhältnissen überhaupt nicht möglich gewesen. Eine Aortenerweiterungsplastik hatte man auch eingesetzt.

So und jetzt kommts: Nach 2 Jahren hatte ich jetzt mit dieser Klappe eine chronische Klappenendokarditis. Es waren Cutibakterien und der Verlauf ging über mindestens 6 Monate. Alle 6 Wochen bekam ich für 3 Tage Fieber und außerdem muss es Embolien in die Beine gegeben haben. Ich habe jetzt noch eine pAVK, die man behandeln muss.

Da mein Arzt im Blutbild Entzündungswerte sah und ich wieder einen Fieberschub bekam, schickte er mich zur Notaufnahme nach Biberach.

Ich wäre selber zuhause geblieben, hatte ich doch nur Fieber, das schon wieder abflachte und sonst keine Symptome. Keine Atemprobleme und keine Herzbeschwerden oder so. Ich dachte, ich darf am Abend wieder nach Hause. Sie behielten mich aber über Nacht und machten am nächsten Tag ein Schluckecho vom Herzen.

Darauf sahen sie wohl die Bakterienkultur auf der Herzklappe und haben in München, wo ich operiert wurde angerufen.

Die wollten mich noch am selben Tag sehen und so wurde ich mit dem Hubschrauber abgeholt und als Notoperation am übernächsten Tag operiert.

Ich hab keinen Wunsch mehr zur Klappe geäußert. Ich meinte auch, sie sollen das machen, was geht. Siehe da, jetzt habe ich wieder eine biologische Klappe, die Edwards Inspiris Resilia 19 mm. Ich dachte bis zuletzt, dass ich ohne OP davonkomme, dass sie mich nach nur 2 Jahren nicht wieder aufschneiden werden. Es ging nicht anders sagte man mir. Ich bin froh, dass ich diese 3. OP überlebt habe. Das ist glaub ich gar nicht selbstverständlich.

Ich war dann 2,5 Wochen in der Klinik auch mit Antibiotikainfusion plus Antibiotika als Tablette. Danach in Reha in Bad Wiessee am Tegernsee. Das ist eine Rehaklinik, die Infusionen weiterführt. Davon gibt es wohl nicht viele, sagte man mir.( insgesamt 6 Wochen Antibiotika) Die schönste Rehaklinik, die ich kenne ist es auch und in wunderschöner Umgebung.

Entzündungswerte waren jetzt nicht mehr nachweisbar und ich war heute bei der Zahnkontrolle mit Röntgenaufnahmen. Von den Zähnen kamen die Bakterien ganz sicher nicht, meinte der Zahnarzt. Das ist gut, aber ich weiß jetzt nicht, woher ich das bekommen habe.

In Zukunft werde ich mit vielem sehr vorsichtig sein. das verunsichert mich stark und macht mir zu schaffen.

Viele liebe Grüße

Lucy

 

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