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Meine Odyssee


lucky boy

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Hallo ins Forum,
Es ist für mich wie eine Psychotherapiesitzung, hier meine Erlebnisse der letzten Monate zu teilen und die Meinung anderer zu hören. Es geht mir auch darum, zu sehen, dass ich nicht der einzige bin, den es erwischt hat. Kurz nochmal zu  mir: 44 Jahre alt, normalgewichtig aber nicht wirklich sportlich.
 
Was ist passiert:
 
Am 31. Januar 2025 wurde ich wegen starker Kopfschmerzen und Erbrechen ins Tauernklinikum Zell am See eingeliefert, nachdem ich davor zuhause 4 Tage Durchfall und starke Kopfschmerzen hatte. Dort wurde ein CT meines Schädels durchgeführt, das eine 5 cm große Arachnoidalzyste links temporopolar zeigte, die aber als nicht akut problematisch eingestuft wurde. Ein erstes Echokardiogramm am selben Tag war unauffällig. Meine Laborwerte zeigten jedoch stark erhöhte Entzündungsparameter, darunter ein CRP von 49 mg/dL und ein Procalcitonin von 10,3 ng/mL.
 
Am 1. Februar 2025 wurde eine Liquorpunktion durchgeführt, um eine Meningitis auszuschließen; der Befund war zellreich, aber es wurde kein Keim direkt nachgewiesen. Es wurde eine antibiotische Therapie mit Ceftriaxon und Ampicillin begonnen, da in den Blutkulturen ein Verdacht auf E. coli bestand (wir hatten zuhause die Woche davor mit Noroviren zu kämpfen). Trotz der Antibiose hatte ich weiterhin Fieber. Ein CT von Bauch und Brustkorb am 3. Februar 2025 zeigte keinen Infektfokus.
 
Ein erneutes Echokardiogramm am 3. Februar 2025 zeigte eine verdickte vordere Mitralklappe. Daraufhin wurde eine transösophageale Echokardiographie (TEE) durchgeführt, die große Vegetationen an der posterioren Mitralklappe und einen beginnenden Abszess offenbarte. Noch am selben Tag wurde ich per Hubschrauber in die Kardiologie des Salzburger Landeskrankenhauses (SALK) verlegt, nachdem ich eine Einzeldosis Gentamycin erhalten hatte. Die Diagnose lautete akute Nativklappenendokarditis der Mitralklappe.
 
Die Op fand nicht wie geplant am 04.02. statt da ein akuterer Notfall vorgeschoben wurde, und man mich nicht in die Nacht hinein operieren wollte. Ich habe später auf der Station nicht erfahren wer das war :-(.
 
Am 5. Februar 2025 wurde ich im SALK operiert: Meine Mitralklappe wurde durch eine mechanische Prothese  (welche es geworden ist, weiß ich nicht) ersetzt, ein Ringabszess wurde abgedeckt und eine Trikuspidalklappenanuloplastie durchgeführt. Im Rahmen der OP wurde als Infektionsherd ein Zahn (wurzelbehandelt vor etwa 20 Jahren und bekront vor ca. 5 Jahren) identifiziert und entfernt. In den Blutkulturen wurde Haemophilus parainfluenzae nachgewiesen, woraufhin die Antibiotikatherapie angepasst wurde, bis zu diesem Zeitpunkt bekam ich meines Wissens 6 verschiedene Antibiotika gleichzeitig.
 
Als Komplikation wurde am 10. Februar 2025 ein ischämischer Infarkt in der linken Arteria cerebri media bei mir diagnostiziert. Während des Aufenthalts im SALK hatte ich wiederholt Episoden mit Gefühls- und Feinmotorikstörungen der rechten Körperhälfte, weshalb eine Therapie mit Levetiracetam wegen des Verdachts auf epileptische Anfälle begonnen wurde. Eine CT-Kontrolle am 18. Februar 2025 zeigte eine Zunahme der Hirnblutung, woraufhin die Antikoagulation umgestellt wurde und ich auf die neurologische Schlaganfallstation der Christian Doppler Klinik verlegt wurde.
 
Vom 18. bis zum 25. Februar 2025 war ich in der Christian Doppler Klinik in Behandlung. Dort wurde die sekundäre Hämorrhagie links frontoparietal bestätigt. Ein MRT meines Schädels am 20. Februar 2025 zeigte neu aufgetretene multiple Kontrastmittelauflagerungen, passend zu embolischen Läsionen.
 
Am 25. Februar 2025 wurde ich zur Weiterbehandlung zurück ins Tauernklinikum Zell am See verlegt. Ein Laborbefund vom selben Tag zeigte leicht erhöhte CRP- und Gamma-GT-Werte. Eine Echokardiographie am 27. Februar 2025 ergab eine gute Pumpfunktion meines Herzens und eine unauffällige Funktion der neuen Herzklappe, jedoch eine kleine Struktur im rechten Vorhof und eine eingeschränkte Funktion der rechten Herzkammer.
 
Eine CT-Kontrolle meines Schädels am 28. Februar 2025 zeigte weiterhin die sekundäre Hämorrhagie und eine kleine subarachnoidale Blutung, weshalb die geplante Umstellung der Antikoagulation auf Marcoumar verschoben werden musste.
 
Die intravenöse Antibiose mit Ceftriaxon wurde bis zum 12. März 2025 fortgesetzt.
 
Am 4. März 2025 wurde ich aus dem Tauernklinikum nach Hause entlassen, mit der Empfehlung, die Antikoagulation vorerst mit Lovenox weiterzuführen und eine erneute Kontrolle am 12. März zu vereinbaren. Eine Rehabilitation wurde beantragt. Bei der Kontrolle am 12. März 2025 war ich beschwerdefrei, die Feinmotorikstörung im rechten Arm hatte sich deutlich gebessert und im CT zeigte sich ein Rückgang der Blutung, sodass mit einer Marcumar-Therapie begonnen werden konnte.
 
Am 21.Mai hatte ich eine Kontrolle, wo ein Echo gemacht wurde, den Bericht dazu habe ich noch nicht erhalten. Der Doc. hat aber gemeint, es sieht alles wie bei einem normalen Herzen aus. Auf Nachfrage hat er mir eine Pulsfrequenz beim trainieren, spazieren usw. Bis 140 Schlägen/minute freigegeben. Zu den Strukturen im Rechten Vorhof hat er nichts mehr gesagt.
 
Ab juli bin ich dann in Reha für 3 Wochen. Dort werde ich den Umgang mit der Blutgerinnung mir verinnerlichen und hoffentlich konditionsmäßg wieder halbwegs der Alte werden.
 
Soweit erstmals zu meinen Befunden, die ich zum Teil über Chat GPT hier zusammengefasst habe. Mittlerweile sind das ca.60 Seiten die ich abgeheftet habe und nun bei jedem Facharztbesuch mitführe.
 
Gibt es hier weitere die wegen einer aktuen endokarditis operiert wurden. Wie geht es euch heute?
Edited by lucky boy
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Oh Mann, Dich hat es ja knüppeldick erwischt und ich wünsche Dir von Herzen, dass Du rundum gut heilst! 

Hier sind noch andere, die akute Endokarditis und sogar Not-OP hatten, sicher wirst Du da noch Feedback bekommen.

Dein Gefühl, hier im Forum zur Psychotherapie unterwegs zu sein, kann ich absolut teilen - ich weiß gar nicht, was ich nach meiner Diagnose vor nun fast genau 2 Jahren ohne dieses Forum gemacht hätte!

 

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Hallo Lucky boy,

 

ich kann zwar nicht helfen aber meine Hochachtung für Deine Tapferkeit und Kraft die Du aufbringen musstest.

 

Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute.

 

Schöne Grüße 

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Das Gute in meinem Fall war, dass ich gar nicht die Zeit hatte mich mit den möglichen Folgen zu beschäftigen. Als ich ins Krankenhaus ging, glaubte ich ein oder zwei Infusionen zu bekommen und spätestens am nächsten Tag wieder zuhause zu sein.

 

Von da an kann ich mich nur an einzelne Fetzen erinnern, zumindest bis zur OP. Ich glaube die Hirnhautentzündung hat da maßgeblich ihren Dienst getan. Ich kann mich an einzelne Gespräche mit meiner Frau erinnern, die Probenentnahme der Nervenflüssigkeit, den Hubschrauberflug, die knappe Beratung seitens der Ärzte, dass mir eine künstliche Herzklappe eingesetzt wird. Sie waren dabei sehr direkt und haben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die OP auch nicht positiv verlaufen kann.

 

Ich habe den Ärzten vertraut und mich mit Zuversicht in ihre Hände gegeben. 

 

Das nächste worauf ich mich erinnern kann, war als ich auf der Intensiv aufgewacht bin und einen Pfleger um mein Telefon gebeten habe. Er musste für mich die Nummer meiner Frau wählen. Sie war erschrocken als ich Sie angerufen habe. Später hat Sie mir erzählt, dass dies nur 2 Stunden nach der Op war, die in Summe 7 Stunden gedauert hat. Von da an wusste ich, dass es überstanden ist.

 

Am nächsten Morgen wurde ich schon an die Überwachung übergeben. Nach weiteren 2 Tagen war ich auf der Normalstation und durfte mich zum ersten Mal aufsitzen.

 

Von der OP weg, verspürte ich eine Euphorie, die ich bisher nicht erlebt hatte. Diese hat mich durch die 5-6 Wochen stets begleitet, und das obwohl ich in Summe, glaube ich 4 mal meine Sachen gepackt hatte um im letzten Moment zu erfahren, dass es noch länger dauern wird und ich noch bleiben muss.

 

Also, so shlimm habe ich all das nicht empfunden, vermutlich war ich schlicht naiv. Auch als die ganzen Komplikationen hinzukamen/mit bekannt wurden war ich stets zuversichtlich.

 

Selbst als ich auf der Schlaganfallambulanz lag, neben Patienten mit allen möglichen Stufen von Schlaganfällen, habe ich eher positives mitgenommen. Zum Beispiel mir Gedanken gemacht, was ich noch alles meinen Mitmenschen erzählen und mit Ihnen erleben will solange ich noch kann. Denn die Patienten neben mir konnten das zum Großteil nicht mehr.

 

Also ich bin glücklich hier zu sitzen und in der Lage zu sein, eine Tastatur bedienen zu können (war vor drei Monaten nicht drin). Die Naivität vom Anfang ist zum Teil weg, und ich weiß mittlerweile um die Risiken mit denen ich leben darf, bescheid.

 

Mein OP Datum ist von nun an mein 2.er Geburtstag

Posted

Hallo LuckyBoy. Das was du erlebt hast, ist heftig. Erfahrungen mit einer Endokarditis habe ich nicht. Ich denke nicht, dass es Naivität ist -in dem Moment indenen man solche schlimmen Dinge erlebt- man funktioniert nur nich und versucht zu überleben.  Ich wünsche dir das es dir immer besser gehen wird. Mein OP Tag ist jetzt auch mein 2. Geburtstag.  

  • 3 weeks later...
Posted

Hallo zusammen,

wollte mal wieder ein kleines Update von mir geben.

Die Kontrolle beim Neurologen letzte Woche ist positiv verlaufen. Wir schleichen jetzt das Levetiracetam im Drei-Wochen-Rhythmus in 250mg-Schritten aus. Das ist ein riesiger Schritt für mich! Allerdings bin ich mir bewusst, dass das Absetzen des Medikaments das Risiko eines erneuten Anfalls birgt. Soweit ich weiß, würde das bedeuten, dass ich meinen Führerschein für mindestens ein Jahr abgeben müsste. Das macht mir natürlich schon zu schaffen, Auto fahren gehört zu meinem Beruf mit dazu.

 

Ich habe mich auch körperlich wieder an etwas Mehr gewagt und bin vorgestern eine Runde von ca. 55 km mit dem E-Bike gefahren. Die Motorunterstützung war eher im unteren Bereich und mein Puls ist dabei, vermutlich wegen der Betablocker, nie über 120 Schläge gegangen. Das hat sich richtig gut angefühlt, auch wenn ich danach erwartungsgemäß ziemlich müde war. Aber es ist ein tolles Gefühl, solche Fortschritte zu machen. Schmerzen im Brustbein hatte ich dabei nicht.

 

Ab Juli geht es dann für drei Wochen in die Reha. Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass die dort leider keine Schulungen für das Selbstmanagement der Gerinnung anbieten, wie ich erfahren habe. Da muss ich mich jetzt also woanders umsehen. Falls jemand da einen Tipp für eine gute Schulung in Österreich hat, wäre ich sehr dankbar. Ich habe schon ein bisschen recherchiert und bin auf die "ÖASA" (Österreichische Arbeitsgemeinschaft für angeborene und erworbene Blutgerinnungsstörungen) und "INR-Austria" gestoßen, die anscheinend Schulungen anbieten und auch sonst eine gute Anlaufstelle sind.

Psychisch geht es nach wie vor rauf und runter, aber die positiven Erlebnisse überwiegen zum Glück immer öfter.

 

Liebe Grüße an alle,

lucky boy

  • 2 weeks later...
Posted (edited)

Hallo zusammen,

ich wollte mich direkt vom Start meiner Reha hier melden und ein kurzes Update geben.

 

Anders als vielleicht üblich, bin ich nicht direkt aus dem Krankenhaus hierhergekommen. Die medizinische Leitung der Reha hat mir geraten, erst jetzt – also knapp 5 Monate nach der OP – zu starten, damit mein Brustbein auch wirklich stabil genug ist und ich alle Übungen voll mitmachen kann.

 

Die Zeit dazwischen war ich durchgehend im Krankenstand, und nach der Reha werde ich eine Wiedereingliederungsteilzeit für ein halbes Jahr beantragen.

 

Jetzt bin ich also hier. Die ersten Tage sind geschafft, und ich habe mich schon etwas eingelebt. Die Reha-Einrichtung wirkt übrigens top-modern und neuwertig, und was man ja nicht von jeder Reha hört: Das Essen ist echt gut!

 

Am 2. Tag gab es auch schon die erste große Blutabnahme und das Gespräch mit dem Arzt dazu.

 

Ich habe gelesen, dass die 6-Monats-Mortalität bei einer akuten Endokarditis nicht ohne ist – da meine OP im Februar war, habe ich es statistisch gesehen also schon fast überlebt ... zwinker.

 

Die Laborwerte haben aber auch ganz klar gezeigt, was jetzt in den nächsten drei Wochen mein "Arbeitsauftrag" ist. Man merkt, dass mein Herz nach den ganzen Strapazen noch etwas belastet ist (NT-proBNP: 184.3) und auch die Nieren etwas Aufmerksamkeit brauchen (GFR: 79.5), bin schon fleißig beim Medikamente ausschleichen (Pantoloc, Levetiracetam). Außerdem hat sich herausgestellt, dass mein Langzeit-Blutzucker leicht erhöht ist (HbA1c: 6.1%, minimal über Soll), eine Art Vorstufe zum Diabetes, die ich aber jetzt noch sehr gut in den Griff bekommen kann. Ich gebe zu, ich habe in letzter Zeit nach dem Krankenhaus schon die eine oder andere Süßspeise verdrückt. Die ca. 10 kg, die ich im Krankenhaus verloren hatte, sind wieder auf den Rippen.

Ich weiß jetzt also genau, worauf ich mich beim Training und bei der Ernährungsberatung konzentrieren muss.

Ich halte euch auf dem Laufenden, wie es weitergeht!

Ich hoffe, dass dies allen, die noch vor der OP stehen, etwas von der Angst nimmt. Auch mit problematischen Ausgangssituationen kann die moderne Medizin echt einiges leisten. Was man im Nachhinein daraus macht, da ist man aber schon auch selber etwas in der Pflicht.

 

 

Liebe Grüße,

 

lucky boy

Edited by lucky boy

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