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Wie geht ihr mit euren Ängsten um, habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht ?


Pepelotzki

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Hallo an alle,

 

ich reihe mich mal ein in die Gemeinde der Herzoperierten. Ich bin am 13.04.17 im Klinikum Oldenburg operiert worden. Habe nun eine biologische Aortenklappe vom Schwein und einen Ersatz des Aortenbogens, da dort ein 5 cm großes Aneurysma gesessen hat. Ich habe vor der OP 2 Wochen Zeit gehabt, mich darauf vorzubereiten - die letzten Tage waren geprägt von Angst und Panikattacken.

 

Meine Op hat ca. 4 Stunden gedauert, danach noch 4 Stunden Aufwachzeit, meine Frau wurde direkt nach der OP telefonisch informiert, daß alles ok ist. Am Donnerstag ist die OP 6 Wochen her, ich bin körperlich schon recht fit. Auf dem Belastungs-EKG konnte ich 4 Wochen nach der OP 150 Watt treten !! Mich plagen seit dem Einsatz der Betablocker oft eine Schummerigkeit und teilweise Schwindelattacken. Ich hatte erst Metohexal 47,5 mg am Morgen und am Abend 95 mg, da ich in den ersten 2-3 Wochen immer mal wieder Vorhofflimmern hatte. Das ist jetzt seit vielen Tagen nicht mehr aufgetreten (hoffentlich bleibt es so ) Auch die Rumpelei durch Extrasystolen beruhigt sich immer mehr. Nun nehme ich einen anderen Betablocker Bisohexal, 1x am Morgen 5mg. Zu den Betablockern gibt es 2x am Tag 5 mg Eliquis.

 

Bin seit Samstag wieder zuhause, die Gefühle haben mich übermannt. Bin eh sehr emotional, jedoch ist das momentan nochmal gesteigert. Es war ein toller Tag, wir haben viel gemacht, Bekannte besucht, kurzen Einkauf gemacht und, und, und....alles war super, vor allem: Keine Angst vor irgendwas !!. Am Sonntag hat mich dann eine heftige Schwindelattacke erwischt, die mir gehörig Angst gemacht hat. Ich kenne seit Wochen diese Schummerigkeit und auch mal Schwindel, jedoch nicht so dolle, wie ich das am Sonntag erlebt habe. Ich habe mich danach am Sonntag erstma viel ruhiger verhalten, konnte aber gegen Abend ca. 10 Minuten mit meiner 8 jährigen Tochter leicht Frisbee spielen. Am Abendbrottisch wurde ich wieder unruhig, etwas schummerig, aber gleich die Angst vor einer neuen Schwindelattacke. Ich wollte schon ins Bett flüchten, bin aber nochmal umgedreht und habe mich gegen die Angst gestellt.

 

Gestern, am Montag, habe ich keinen Schwindelanfall gehabt und mich durchringen können, etwa 30 Minuten mit meiner Tochter und unserem kleinen Hund um die Häuser zu ziehen. Habe es insgesamt sehr ruhig angehen lassen. War auch abends sehr müde, bin um kurz vor 21 Uhr eingeschlafen.

Fühle mich heute auch müde, werde aber nacher wieder gegen die Angst gehen und mit meiner Frau einen kleinen Gang machen und unser neues Ergometer austesten .

 

Laut Ärzten sind besonders die ersten 3-4 Monate sehr anstrengend und das Gehirn braucht ebenfalls diese Zeit, um die Erlebnisse und die Herz-Lungenmaschine zu verarbeiten.Mir fällt auf, daß ich momentan sehr empfindsam auf "Lärm" bin. Also im Hintergrund Musik, dazu 3-4 Leute, die sich unterhalten...da steigt nach 5 Minuten bei mir ein Unwohlsein auf, was ich früher nie gekannt habe.

 

Wie geht ihr mit euren Ängsten um, habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht ? Ich muß bestimmt noch viel mehr lernen, Geduld zu haben.

 

Erstmal ein auch ein dickes Dankeschön, daß es dieses Forum gibt ! Dies ist ein Ort, wo sich Gleichgesinnte austauschen und gegenseitig helfen können. Ich freue mich auf zahlreiche Antworten. Beste Grüße von Michael ( 41 J. alt )

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Hallo Michael,

 

erst einmal herzlich willkommen in unserem Forum. Und natürlich auch einen großen Glückwunsch zur erfolgreichen OP.

 

Was dir fehlt, das hast du bereits richtig erkannt, ist tatsächlich Geduld. Damit bist du aber nicht allein, den meisten Herzpatienten geht es ähnlich. Man denkt, jetzt ist das Herz wieder repariert und alles so wie zuvor. Aber das ist es nicht. Eine Herzoperation ist ein schwerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, betrifft sie doch unseren Lebensmotor. Der Körper braucht eine lange Zeit, sich davon wieder zu erholen.

Doch nicht nur die Physis ist betroffen, sondern auch unsere Psyche hat einen Schaden erlitten. Wir wurden mit Gedanken konfrontiert, die wir in unserem bisherigen Leben meist noch nicht erfahren haben. Die Angst vor dem Tod wurde plötzlich ganz real.

Diese Ängste bleiben auch nach der OP unterschwellig bestehen und jedes noch so kleiner Zipperlein ruft die erlebten Verhaltensmuster wieder ab. Die Angst ist plötzlich wieder groß und mächtig.

Sicherlich kommen Menschen unterschiedlich damit klar, aber sicher ist auch, fast jeder ist davon betroffen.

 

Ich kann dir aber trotzdem Mut machen. Im Laufe der Zeit wird man ruhiger. Man hat in der Zwischenzeit gelernt, dass gesundheitliche Probleme nicht in jedem Fall mit dem Herz zu tun haben und dass auf ein Tief auch wieder ein Hoch folgt.

Ganz weg ist die Angst zwar nie, aber man wird nicht mehr von ihr dominiert. Man ist selbst wieder der Herr, meistens jedenfalls.

Damit habe ich dann auch meine persönliche Erfahrung der vergangenen Jahre beschrieben. Die Angst ist immer mein Begleiter, aber sie hat keine Macht mehr über mich. Und damit kann ich auch wieder ein einigermaßen normales Leben führen.

 

Noch ein Rat zum Schluss. Lass es langsam angehen. Fordere dich, aber überfordere dich nicht. Und das muss auch dein privates und berufliches Umfeld akzeptieren. Du wirst sehr schnell ein Gefühl dafür entwickeln, was dir gut tut und was nicht.

 

Grüße

Dietmar

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Hallo Michael,

 

ich schließe mich Dietmar absolut an.

Wenn ich manchmal in älteren Beiträgen stöbere, fällt mir auf dass ich doch schon ziemlich dünnhäutig aber auch direkt war. 

Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt und das normale Leben hat mich wieder.

Es ist also (fast) immer eine Frage der Zeit, die man sich gibt aber auch braucht.

Dein Umfeld registriert diese Veränderung übrigens auch und das sollte man ruhig einmal kommunizieren,

dass man von der OP insgesamt doch noch ziemlich beeindruckt ist.

Das kann schon mal beruhigend sein fürs Gemüt.... ;)

 

 

LG

 

Klaus

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Hallo Michael,

 

auch ich kann bestätigen, was Dietmar und Klaus schreiben. Ich bin knapp 4 Jahre nach OP und sage aus der Erinnerung heraus, dass es einige Zeit braucht, wieder ein Zutrauen zum eigenen Körper zu bekommen. In der Anfangszeit war ich erstmal erleichtert, die OP gemacht haben zu lassen und "es" hinter mich gebracht zu haben. Ängste im engeren Sinne hatte ich damals nicht. Heute? Nun, das mit dem Marcumar routiniert sich dank der Möglichkeit des Selbstmessens, und der Alltag lässt mir nicht immer Zeit, mich mit meiner künstlichen Herzklappe zu beschäftigen. Geblieben ist eine generell höhere Achtsamkeit im Hinblick auf Lebensführung und Lebensstil. Das ist nun mal "die Herzklappe", mit der ich lebe bzw. leben muss, andernfalls gäbe es mich vielleicht schon gar nicht mehr. Durch Sport und ausreichend Bewegung registriere ich auch, mit welcher Leichtigkeit ich Anstiege zu Burgen und Schlösser bewältige, so wie es früher gar nicht möglich gewesen ware. Aber das braucht Zeit, nach 6 Wochen wie Du jetzt war ich auch noch nicht so weit. Mein Spruch gegenüber anderen Herzoperierten lautet immer: "12 Monate", bis sich ein deutlich spürbarer Erfolg einstellt.

In diesem Sinne wünsche ich Dir alles Gute!

Horst

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Hallo ihr Lieben,

 

ich danke euch ganz, ganz doll für eure Antworten !! Das macht mir unglaublich Mut ! Ich habe gestern angefangen, gegen meine Angst zu gehen. Durch den Schwindel/Schummerigkeit habe ich immer Angst, daß es ganz stark wird und ich mich nicht mehr halten kann. Und so dreht sich das Angstrad.

 

Gestern bin ich 2x eine kleine 10 Minuten-Runde alleine gegangen, und es ist natürlich gut gegangen, fühlte sich beim 2. mal auch schon "freier" an. Vorhin bin ich wieder gegangen, die ersten Meter hatte ich weiche Knie, dann wurde es besser. Wieder daheim war ich stolz auf mich.

 

Wie sind eure Erfahrungen zu Schwindel oder Schummerigkeit ? Liegt es an den Betablockern ? Ich hatte nämlich, als ich aus dem Krankenhaus in die Reha kam, keinen Schwindel. Erst am 2,3 Tag, als ich Betablocker bekam, stellte sich diese Schummerigkeit und der der Schwindel ein. Durch Wechsel von Metohexal (137,5 mg am Tag ) zu Bisohexal ( 5 mg am Tag ) wurde es besser, eine leichte Schummerigkeit ist jedoch öfter da und eben auch stärkere Schwindelattacken, wobei die auch zurückgegangen sind, vielleicht 1x am Tag für 3-4 Minuten.

 

Hier im Forum hatte ich schon gelesen, daß es oft an den Betablockern liegt. Werden die weiter reduziert oder ganz abgesetzt, hat sich das Thema meist erledigt dann. Ich muß im August zum Kardiologen, 24 Std. EKG machen und vielleicht nochmal Herz-Ultraschall. Die Ärzte im Krankenhaus hatten für mich rosige Zeiten in Aussicht gestellt: Volle Belastung, dabei lediglich Ass100 täglich, sonst nichts.

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Hallo Michael,

 

dein Schwindel kann durchaus von den Betablockern verursacht sein. Vielleicht sind die einfach noch zu hoch dosiert. Ich würde an deiner Stelle versuchen, einen früheren Termin beim Kardiologen zu bekommen und mit ihm das Problem zu besprechen.

Schwindelgefühle müssen und dürfen in dieser Häufigkeit nicht sein.

Wie ist denn dein Blutdruck ?

 

Grüße

Dietmar
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Hallo, Michael,

 

nach solch einer OP mit all ihren Begleiterscheinungen muss man im Prinzip wieder "laufen lernen" und sich die Grenzen neu erarbeiten. Damals wollte ich eine Mineralwasserkasten in die erste Etage bringen und habe fünf Minuten darüber nachgedacht, wie ich das anstelle. Hmmh, in der Reha habe sie Dir Treppensteigen nach OP beigebracht und wie man schwere Lasten anhebt, weisst Du. Also Treppe, duck Dich, ich komme und mit diesen Techniken ging es gut. Beim nächsten Kasten brauchte ich nicht mehr nachzudenken und irgendwann hatte ich auch wieder einen an jeder Hand.

Schwindel: Die erste Attacke hat mich in Panik versetzt, ich habe alles stehen- und liegengelassen und bin zur Neurologin, die nach eingehender Untersuchung den (harmlosen) Lagerungsschwindel diagnostiziert hat. Mit dem lebe ich bis heute und morgens beim Aufstehen halte ich den Kopf gerade und die Welt bleibt "stehen". Lass im Zweifel also einen Arzt checken....

So werden sich auch bei Dir die "Mosaiksteinchen" zusammensetzen und die unendliche Reise des Lebens geht weiter.......

 

Bye, Roland

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Hallo Michael

 

Erst mal : Willkommen im Forum! :-)...

Noch eine die sich vollumfänglich meinen Vorrednern anschliessen kann. Ich würde mit weiteren Worten nur wiederholen müssen was schon gesagt wurde.

Zusammengefasst : Abklären ob ein anderes Medikament mit gleicher Wirkung besser wäre für dich  /  dir Zeit geben ...Dass du dich von deiner Angst nicht beherrschen lässt - finde ich gut. Allerdings würde ich jedem der unter zu heftigen Ängsten leidet empfehlen, sich Hilfe zu holen. Ich hab's gemacht - und nie! bereut.

Alles Gute dir.

ursela

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Ach, ihr Lieben,

 

es tut so gut, eure Antworten zu lesen ! Da weiß ich, daß ich nicht alleine bin und mit der Zeit alles wieder gut wird.

 

Mein Blutdruck habe ich mal messen lassen, mitten in einer Schwindelattacke: 130/ 80 , Puls war 60. Am Sonntag habe ich kurz nach der Schwindelattacke gemessen: 141/78 - kein Wunder, ich war noch voller Adrenalin....

 

In der Reha habe ich 4x Psychotherapie gebucht, war sehr gut. Sie gab mir den Tipp, nicht sofort loszurennen, um Hilfe zu holen sondern erstmal etwas zu warten, wie sich das Zuhause auch psychisch positiv auswirkt. Ich merke, daß ich viele Ängste VOR der OP aufgebaut habe, da ich 2 Wochen lang von der Diagnose wusste und Angst bekam, daß das Aneurysma noch platzt. Ich merke z.B., daß ich nun auch viel besser alleine sein kann, mich wieder auf verschiedene Sachen konzentrieren kann, lesen kann, und, und....ich werde noch etwas abwarten, schließe aber nicht aus, mir Hilfe in Form von Verhaltenstherapie bei einem Psychologen zu holen.

 

@ Roland: Ich habe vor einigen Monaten einer Frau mit Lagerungsschwindel helfen können ( ich bin Physiotherapeut ), sie ist bis heute komplett schwindelfrei ! Schaue mal bei youtube vorbei: https://www.youtube.com/watch?v=Pi6_v4Htk0c

 

Vielleicht liegt es auch daran, daß ich bisher nur auf dem Rücken schlafe, damit das Brustbein komplett verheilt. Somit sind bei mir z.B. kaum Lagerungswechsel vorhanden....Ich warte jetzt noch etwas ab, werde ansonsten mal fragen, ob man die Dosis weiter reduzieren kann oder vielleicht 2x 2,5 mg nehmen kann....

 

Beste Grüße an alle

 

Michael

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So,

 

da bin ich wieder. Bin gestern 2x meine "Angstrunde" von ca.10 Minuten zu Fuß gegangen, am Abend war die Runde schon fast durchweg angenehm. Bin auch etwas länger als sonst aufgeblieben ( bis 22 Uhr ) und habe mich am Abend besser als am Morgen gefühlt. Ich nehme die Betablocker meist so zwischen 7 und 8 Uhr am Morgen ein.

 

Heute Morgen habe ich meine Runde mal erweitert. Habe erst danach die Tabletten genommen ( 1x Bisohexal 5 mg und Eliquis 5 mg ), hat sich gut angefühlt . Bin heute Nachmittag trotz Schummerigkeit zusammen mit meiner Frau ein ganz bischen Rad gefahren - nächster Schritt gegen die Angst. Mal sehen, ob ich heute nochmal los gehe, fühle mich heute Nachmittag nicht so fit, habe auch schon einiges gemacht. Besser dann kürzer treten.

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hallo Michael,

ich habe mich "geweigert" Betablocker zu nehmen, hatte zu viele Nebenwirkung davon.

Nehme jetzt nach der OP am 14.3.17 Candesarten zum Blutdruck senken und Procoralan zum Puls senken.

Procoralan ist ziemlich neu und wirkt pulssenkend direkt über Sinusknoten, es ist kein Betablocker.

Ich bin sehr zufrieden mit dieser etwas anderen Medikation. Du musst Betablocker nicht nehmen wenn sie bei dirunangenehme Zustände auslösen. Es gibt andere Lösungen!!!

Grüsse! Karo

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Hallo Michael

 

in der ersten Zeit nach der OP hatte ich auch diese von dir beschriebene Schummrigkeit, Schwindel, Konzentrationsstörungen,

Gedächtnisstörungen und war allgemein ziemlich "zermatscht".

Ob es an den Betablockern lag (bei mir nur geringe Dosis - 2,5 mg,1 x am Tag) oder es noch die Nachwirkungen der OP und

der Herzlungenmaschine waren? Weiß ich nicht.

Ich habe die Betablocker ca. 7 Monate nach der OP langsam ausgeschlichen (Gegen den Rat der Ärzte).

 

Ganz sicher lag es nicht an den Betablockern, dass ich auch wesentlich empfindlicher - auch lärmempfindlicher - geworden bin.

 

Die Angst bei Sport und Bewegung hatte ich nicht. Ich habe mich von Anfang an so viel wie möglich bewegt,

war jeden Tag mindestens eine Stunde Walken. Ich habe mich dabei gut  gefühlt, vor allem als ich bemerkte,

dass der Fitnessstand immer besser wurde.

Und: Ich habe niemals auf dem Rücken geschlafen!

 

Deine OP ist ja noch nicht lange her und ich denke, dass du auch noch Geduld haben musst.

Die Betablocker sind am Anfang sicherlich wichtig zur "Ruhigstellung" des Herzens und in einigen Monaten

kannst du das Thema ja in Angriff nehmen.

 

Gib dir Zeit, dich zu erholen. Ich wünsche dir alles Gute

bearbeitet von Renate
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Aus der Sicht einer vergleichsweise jungen Krebs-Waise und Krebs-Witwe:

 

Konkrete Todesangst, wie sie vermutlich jeder Herzklappen-Patient erlebt, kenne ich persönlich auch - und sie ist ja ein riesengroßer Unterschied zu diesem diffusen "Wir alle müssen sterben"-Ding, das wohl so ziemlich jedem ab und an mal durch den Kopf geht.

 

Allerdings kenne ich konkrete Todesangst nur als Angst vor dem Tod des geliebten Menschen.

 

Sie hat sich bei mir in zwei Fällen bewahrheitet.

 

Seither habe ich selbst (also für mich) kaum noch Todesangst: Der Tod kommt mit Sicherheit. Und er fragt nicht, ob sein Kommen einem "recht ist", ganz im Gegenteil: Er kommt manchmal völlig "zu unrecht", nämlich viel zu früh und schlimmstenfalls auch noch mit entsetzlichen Schmerzen (so in dem einen Falle auch bei mir).

 

Diese Todesangst erlebt zu haben (und auch den Tod: ich hielt meinen Mann im Arm, als sein Tod kam) und mich später damit auseinander gesetzt zu haben (während ich drinsteckte, ging das nicht), das hat sie für mich extrem schrumpfen lassen. Ich weiß, dass ich jederzeit sterben kann. Dass ich so gut wie nichts dagegen tun kann. Und dass ich irgendwann definitiv sterben werde.

 

Meiner Erfahrung nach tun sich Menschen, die diese konkrete Todesangst zuvor noch nicht erlebt haben, wenn es ans Sterben geht, damit, also mit dem Sterben, sehr viel schwerer (das war so bei meinem Mann anlässlich seines eigenen konkret gewordenen Todes, und auch bei meiner Schwester anlässlich des Sterbens unseres Vaters), und folglich tun sie sich auch mit ihrem eigenen Tod schwerer (das war bei meinem Mann so). Aber das ist nur meine Erfahrung.

 

Und auch ich habe immer noch ein wenig Angst vor meinem Tod, das will und kann ich nicht leugnen. (Und das ist vermutlich auch "normal", weil wir einfach nicht wissen, was geschieht, wenn man tot ist.) Aber sie ist mir bewusst. Sie ist mir nicht neu. Und sie ist folglich etwas, das ich zulassen kann. Was ich zulassen kann, kann ich auch anhalten, kann es überhaupt "halten" - es hält nicht mich.

So wenig, wie irgendwann noch irgendetwas mich im Leben halten wird.

 

Mich hat diese Erfahrung der konkreten Todesangst (und des Todes) sehr ruhig gemacht.

Allerdings waren es bisher nie mein Tod und nie meine auf meinen Tod bezogene Todesangst - das mag mich von euch Herzklappen-Operierten trennen. (Studien über Krebserkrankungen besagen allerdings übereinstimmend, dass die psychische Belastung für Patienten und Angehörige ziemlich gleich sein soll.)

 

 

Sich als Herzklappen-Patient professionelle Unterstützung zu holen, jemanden, mit dem man all diese Gedanken und Gefühle sich bewusst machen und sie "sortieren" kann - das ist, wenn die Todesangst unaushaltbar zu bleiben droht, sicher gut.

 

 

Ich wünsche Dir, lieber Michael, dass Du Deine schreckliche Krankheitserfahrung gut in Dein Leben einfügen kannst,

und uns allen wünsche ich Gelassenheit!

 

LG

Corinna

bearbeitet von Klientin2
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Hallo Corinna, ich kenne sowohl die eine als auch die andere Seite. Habe meine Eltern durch Krankheit verloren und bin Klappenpatientin. Die Todesangst und das erlebte mit dem Tod zweier nahestehender Menschen und die eigene Krankheit sind eine enorme Belastung für mich. Ich finde beides gleich schlimm. GLG Ally

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Ich bin euch allen wie immer sehr dankbar, daß ihr hier so fleissig antwortet ! Die Ärzte in der Rehaklinik sagten, daß es für viele Herzoperierte in den ersten 3-4 Monaten am schwersten ist. Das hätten langjährige Erfahrungen gezeigt. Wahrscheinlich zählen all diese Symptome, unter denen ja nicht nur ich "leide", dazu. Es ist eben ein großer Eingriff, der Körper und auch der Geist brauchen seine Zeit, um das zu verarbeiten.

 

Mir tut es unheimlich gut, wenn hier so viele Beteiligte ihre Eindrücke schildern. Dann merke ich, daß ich doch "normal" bin ;-)

 

Seit 3-4 Tagen kann ich schon viel besser mehr Trouble um mich herum vertragen. Ich werde nicht mehr so schnell unruhig, wenn viele Geräuschkulissen aufeinmal auf mich niederprasseln.

 

Gestern habe ich mal, als die Schummerigkeit stärker zu werden drohte, den Puls gemessen - er war 58-60 Schläge/min. Dann bin ich schnell aufs Ergometer für 5 Minuten und anschließend noch ein paar mal die Treppe rauf/runter. Danach wurde es dann besser. Ich hatte jetzt 2 Tage keinen starken Schwindel mehr und hoffe, daß es sich weiter bessert. Mal sehen, wie mein Körper heute die angekündigten 28 Grad so meistert....

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Hallo Michael,

 

die vielen Antworten bis jetzt haben Dir sicher geholfen, deine Situation besser zu händeln und vielleicht auch zu akzeptieren.

 

Düstere Gedanken über den Tod sind verschwendete Energie oder kann sich jemand erinnern, wie er sich vor seiner Geburt das Leben vorgestellt hat?

 

Mir ist es sehr wichtig zu erwähnen, dass der Fokus nach einer Operation sich immer auf das Leben und somit auf eine positve Perspektive durch die OP bewegen sollte. Nur dadurch gewinnt man Kraft, subjektiv empfundene oder aber auch tatsächlich vorhandene Rückschläge auf dem Weg der Genesung zu überwinden.

Ängste sind doch überwiegend darin begründet, zu erleben, die Kontrolle über seinen Körper verloren zu haben. Die Lebensautomatik ist fühlbar abgeschaltet, die Gänge müssen vorübergehend wieder selber eingelegt werden .Das zu realisieren und bisherige Funktionen bewusst wiederherzustellen ist ambitioniert.

Schon kleine erlebte persönliche Erfolge sind die Basis einer positiven Entwicklung, hin zu einer real erreichbaren guten Lebensqualität.

Ich denke Du bist auf dem richtigen Weg ;)

 

LG

 

Klaus

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Huhu ihr Lieben,

 

ich berichte mal wieder etwas von meinen weiteren Fortschritten.

 

Ich habe meine Gehstrecke ausgeweitet, gehe fast selbstverständlich jeden Tag 1x 15-20 Minuten alleine durch den angrenzenden Park, Handy immer mit dabei. Gerade eben bin ich das erste mal 15 Minuten mit dem Rad alleine hier durch die Gegend gefahren - unglaublich, wie schön das war !! Sonst sitze ich täglich auf dem Ergometer und strample dort .

 

Die Schummerigkeit ist noch da, ebenso die Schwindelanfälle - die in den letzten Tagen abgenommen haben bzw. nicht mehr so dolle waren. Ich warte noch ein bischen ab, es dauert wahrscheinlich, bis diese Problematik ganz zurückgegangen ist. Mein Ruhepuls liegt meist um die 60, selbst nach 15 Minuten auf dem Ergometer bei ungefähr 70, 80 Watt, steigt er höchstens auf um die 90. Vielleicht kann ich die Betablocker doch reduzieren ? Wie sind eure Erfahrungen mit den Pulswerten unter "Betablockereinfluß" ?

 

Insgesamt werde ich immer belastbarer, kann auch immer besser Unterhaltungen führen und fühle mich nicht mehr so schnell gestresst. Insgesamt bin ich auf einem sehr postiven Weg und freue mich, daß es so vorangeht !!

 

Beste Grüße

 

Euer Michael :)

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Hallo Michael,

 

du bist auf einem sehr guten Weg und machst alles richtig. Du wirst sehen, dein Selbstvertrauen wächst von Tag zu Tag.

Dein Ruhepuls ist mit 60 Schlägen sehr niedrig und entspricht schon fast dem eines Leistungssportlers. Ich bin daher der Meinung, dass du den Betablocker in der Dosis sicher reduzieren kannst. Du solltest dieses Thema so schnell wie möglich mit einem Kardiologen abklären. 

Ich kann mir gut vorstellen, dass dann auch dein Schwindel verschwinden wird.

 

Grüße

Dietmar
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Das mit der Schummrichkeit und dem Schwindel kenne ich auch sehr gut. Ich muss 2 x 5 mg /Tag Betablocker einnehmen, dazu noch ein Diuretikum und ein ACE-Hemmer. Das ist schon eine recht starke Dosis mit all ihren Nebenwirkungen. Bei mir waren die Symptome manchmal recht heftig. Starkes Herzstolpern, Schwächegefühl, Schwindel, Angst umzukippen (hatte ich 2x im Supermarkt) bis hin zu Todesangt. Was mir sehr geholfen hat: Die Atmung unter Kontrolle zu bringen. Sich dazu zwingen, länger aus- als einzuatmen, denn viele neigen dazu, zu schnell zu atmen. Das kann sogar bis zur Hyperventilation führen. Notfalls kann man auch in die hohle Hand oder in eine Tüte atmen, es wirkt schnell.

 

Durch die Betablocker ist mein Ruhepuls ideal bei 60, auch bei leichten Nordic Walking bleibt er noch unter 100. Mir helfen sie sehr.

bearbeitet von Thorsten
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Hallo Thorsten,

 

ich danke dir für deine Antwort. Wie sieht es denn jetzt mit den Nebenwirkungen aus, hast du noch welche durch die Medikamente ? Falls sie weg sein sollten - wie lange hat es gebraucht, bis die Nebenwirkungen abgeklungen sind ?Ich habe Kontakt zu meinem Operateur aufnehmen können, der ebenfalls eine Reduzierung der Betablocker in Erwägung zieht. Mit etwas Glück bekomme ich schnell einen Termin beim Kardiologen bei mir in der Nähe.

 

Ich wünsche dir ein gutes Gelingen der OP, du wirst danach wieder deutlich fitter werden !! Kann man deine Klappe rekonstruieren ? Das ist bei der Mitralklappe nämlich öfter der Fall !!

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Hallo Michael,

 

danke Dir fürs Mutmachen, ich glaube auch, dass die OP was bringen wird, denn meine Kurtzatmigkeit ist derzeit schon recht deutlich spürbar. Ich wohne dazu noch im Dachgeschoss mit vielen Treppenstufen, da schnaufe ich ganz schön. Die Klappe kann man aller Wahrscheinlichkeit nach rekonstruieren. Falls nicht, würde ich eine Bioklappe nehmen (Habs mir sehr gut überlegt).

 

Ich habe einige Nebenwirkungen durch die Betablocker (bei ACE-Hemmer und Diuretika weniger NW). z.B. Schlafstörungen, machmal schwindelig, Müdigkeit, Gewichtszunahme v.a. am Anfang, wohl durch den verlangsamten Stoffwechsel. Aber die Vorteile überwiegen sehr deutlich, bin froh, dass es sie gibt.

 

Ich drücke die Daumen, dass Du die für Dich optimale Dosis beim Betablocker findest, also möglichst wenig, aber trotzdem noch wirksam. Vielleicht kommst Du ja mit 2,5 mg aus, oder 2x /Tag je 2,5 mg ?   

 

Viele Grüße

Thorsten

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Werde Morgen beim Hausarzt anrufen, um die Dosis mit dem zu besprechen. Gestern hatte ich 2x diesen doofen Schwindel, der meistens nur ca. 15-20 Sek dauert, danach muß ich mich aber erstma beruhigen, weil er mir noch so Angst macht. Behindert mich doch ganz schön, deshalb heute umso schöner, daß ich mit Frau und Kind trotz Schwindelgefahr langsam mit dem Rad zum Combi gefahren bin zum Einkaufen.

 

1x doch ein mulmiges Gefühl, Angst, daß der Schwindel kommt, wahrscheinlich auch noch die Angst, daß sonst etwas passieren könnte. Naja, nicht ganz 2 Monate nach der schweren OP ist das wahrscheinlich auch ok - freue mich, daß ich zusammen mit meinen Liebsten immer neue Schritte gegen die Ängste schaffe. Ich hoffe, daß durch die Reduzierung der Betablocker diese schummerigkeit ganz aufhört und damit auch die Schwindelanfälle. Ich bin jedenfalls immer froh, wenn ich hier meine Sorgen mit euch allen teilen kann und auf Verständnis kombiniert mit Tipps und Tricks stoße.

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Zum Thema Schwindelanfälle: Die hatte ich am Anfang nach der OP ganz schlimm. Ein furchtbarer Drehschwindel verbunden mit Schweissausbruch und Erbrechen etwa eine halbe Stunde immer. Und manchmal ganz kurze Schwindelanfälle. Das ganze hat sich im ersten Jahr in immer größer werdenden Abständen immer abgeschwächter wiederholt. Ich bin nach acht Wochen wieder arbeiten gegangen und habe vor lauter Schwindelangst vor jeder Sitzung Vomacur oder Vomex gehen Übelkeit bzw. Erbrechen genommen. Das gab mir psychische Sicherheit. Heute geht es mir gut, wenn ein Infekt im Anmarsch ist habe ich manchmal noch Schwindel und ach ja, bei wichtigen Ereignissen nehme ich nach wie vor vorher Vomex.Neben Schwindel hatte ich auch mit Doppelbilder und anderen Sehstörungen zu kämpfen. Je mehr Zeit aber vergeht umso mehr lassen alle Nachwirkungen der OP nach und die Vorteile überwiegen und mir geht es im grossen und ganzen besser als je zu vor.

 

Liebe Grüße

Brigitte

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Dann geht es mir ja noch gut im Gegensatz zu dir....Ich habe Morgen einen Termin beim Hausarzt, da werde ich das Thema nochmal anschneiden zwecks Reduzierung der Betablocker. Noch traue ich mich nicht, große Strecken mit dem Rad zu fahren, das Auto lasse ich besser noch stehen.

 

Wie hast du das damals gemacht, wie geht/ging es den anderen hier ?

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Ich bin nach acht Wochen Kurzstrecken mit dem Auto gefahren. Ich hatte tierische Angst vor Schwindelanfälleb beim Autofahren. Hatte ich nie. Die Schwindelanfälle traten übrigens nie bei körperlichen Aktivitäten auf und wurden oft besser, wenn ich etwas gelaufen bin (so gut es ging) bzw. frische Luft war gut. Radfahren oder Schwimmen trau ich mich nicht, ich nehm Xarelto wegen Vorhofflimmern nach der OP, hab extremen Eisenmangel. Meine Kardiologin meinte, ich solle da kein Risiko eingehen.

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