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Und noch eine Aortenklappe


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Liebe Sabine,

 

vorab: Ich kenne das, was Du mit Deinem Vater durchmachst, wohl einigermaßen. Jedenfalls kenne ich es von meinen beiden Eltern, dass sie viele schwere, manchmal lebensbedrohliche Erkrankungen hatten (mitunter vielleicht auch nicht, es aber den Anschein hatte) und die Kinder "sich kümmern mussten" - und gleichwohl oft damit "aufgelaufen" sind.

 

Heute spreche ich aus großer Entfernung: Mein Vater ist tot und zu meiner Mutter habe ich kaum noch Kontakt, eigentlich gar keinen mehr.

 

Aus dieser großen Entfernung des Kindes zu seinen Elternteilen heraus sind mir beim Lesen Deiner Einträge immer wieder mal Fragen gekommen.

Davon möchte ich heute drei stellen (und auch erklären, warum ich sie stelle), ohne eine Antwort von Dir zu "erwarten".

 

1. Seit wann ist Dein Vater Witwer? (Vielleicht ist er seit dem Tod seiner Frau so unglücklich und fremd im Leben, dass er nicht mehr allein weiterleben mag. - Daran fände ich nichts verwerflich, auch wenn es für Dich als Kind vielleicht schwierig wäre, das zu akzeptieren, denn es würde unter anderem bedeuten, zu akzeptieren, dass Du ihm das, was Deine Eltern miteinander gelebt haben, nicht ersetzen kannst.)

 

2. Was hast Du persönlich davon, Dich so um Deinen Vater zu kümmern bzw. Dir einzureden, dass Du das müsstest? (Das ist vielleicht die entsetzlichste Frage. - Ich war viele Jahre lang die große Kümmerin in meiner Familie, das 'wurde so erwartet'. ABER: Mir hat das Gefühl, mich um alle drei, schließlich auch um meine Schwester, kümmern zu 'müssen', einige Jahre meine Existenzberechtigung 'verliehen'. - Heute weiß ich, wie kaputt diese ganze Familie immer war und ich in ihr; heute weiß ich, dass ich innerhalb dieses kranken Familiensystems auch ein krankes benefit davon hatte, mich als die relativ Gesundeste um alle kümmern zu 'können'.

Anders gesagt: Jeder, der von sich behauptet, sich für einen anderen Menschen aufzureiben oder gar aufzuopfern, hat etwas davon, wenn er das tut. Das benefit kann von "Sich-gebraucht-Fühlen" bis zu einem völlig verqueren "Ausleben des Hasses auf diesen Menschen" (z.B. indem man ihn von sich abhängig oder zumindest dankbar macht) reichen, immer aber ist da eine narzisstische Zufuhr.

(Einer solchen bedürfen wir Menschen übrigens alle, immer wieder einmal, daran ist also per se nichts schlimm. Nur sind manche 'Bezugsquellen' einfach ungesund.)

 

3. Hast Du Deinem Vater das eigentlich mal rundweg gesagt? Das, was Du hier schreibst:

Dass Du ihn lieb hast, und dass Du ihn noch nicht verlieren möchtest, weil Du ihn noch brauchst? Und dass Du sein Verhalten schlicht Scheiße und verantwortungslos und erpresserisch findest? Und dass Dir - offenbar im Gegensatz zu ihm - völlig klar ist, dass die Menschen, auch er, auch Du, jederzeit sterben können, und dass Du Dir wünschst, mit ihm darüber sprechen zu können?

 

 

Dir und Deinen Lieben alles Gute

und einen herzlichen Gruß

Corinna

bearbeitet von Klientin2
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Liebe Corinna,

herzlichen Dank für Deine Antwort. Sie gibt einem erstmal zu denken und das ist gut so.

 

Ich möchte Deine Fragen beantworten.

 

Zu 1: Die große Trauer. Ok, das mag mit reinspielen, aber nicht in dieser dramatischen Größenordnung. Er verwirklicht jetzt erstmal alles, was er vorher nicht "durfte". Auch hat er noch etliche Zukunftspläne, wie Städtereisen in den nächsten Jahren, Renovierung usw. Einen Lebensunwillen schließe ich eigentlich komplett aus. Dafür ist er in den angenehmen (!) Dingen viel zu zukunftsblickend. Es herrscht überspitzt gesagt, eher die Stimmung "jetzt geht's hier mal los" als "das Leben hat keinen Sinn mehr".

 

Zu 2: Dazu gehört bei einer ehrlichen Antwort ein großes Stück Selbstreflexion. Es ist so, dass sich meiner Meinung nach, irgendwann die Rollen wandeln. Bei uns tritt das anscheinend gerade ein. Nun bin ich aber nicht so veranlagt, dass ich als Krankenschwester was taugen würde. Außerdem bin ich ein durchweg ungeduldiger Mensch und des Weiteren, habe ich hier ein autonomes Leben. Unabhängig von meinem Vater. Mein Bruder ebenso. Mich ärgert einfach die Sturheit, wie er mit seiner Gesundheit umgeht und wie egal es ihm ist, was wir Kinder dann für "Stress" haben, weil er sich um nichts kümmert. Das sind Verhaltensweise, die ich so nicht an ihm kenne und die mich sehr stark an meine damals demente Oma in der Anfangsphase erinnern. Ganz flapsig gesagt, ich schwanke im Moment zwischen "er ist ein erwachsener Mensch und es ist seine Entscheidung, genauso muss er die Folgen dann auch alleine auszubaden" und "oh man, so fing es bei Oma auch an, er macht das nicht mit Absicht und braucht Hilfe". Dabei ist trotzdem klar, dass auch bei der Option "Erwachsener, mündiger Mensch" letztlich, wenn was schief geht, alles an den Kindern "hängen bleibt".

Mich machen unklare Situationen einfach irre. Erst recht, wenn sie weitreichende Folgen haben können. Ich kann eben nicht "mal schnell" (dafür wohnen wir auch zu weit weg) sondern habe hier eigene Verpflichtungen (Job, Kinder...).

Es kommt jetzt trotzdem die Zeit des Abwartens. Was im Vorfeld organisatorisch geklärt werden kann, haben wir geklärt (Möglichkeiten der Kurzzeitpflege etc.) und damit ist es auch gut. Wie gesagt, ein neurologisches Konzil im Krankenhaus wäre prima. Aber ansonsten hat das "kümmern" jetzt die Grenze erreicht. Wir haben alles versucht und müssen uns keine Vorwürfe machen. Und ja, dieses Kümmern hat egoistische Züge. Ganz klar! Aber nicht von dem Sinne, dass man gebraucht werden will (auch bei ehrlicher Selbstreflexion nicht), sondern zum Selbstschutz für die Zeit nach der OP und was damit und mit den anderen Begleiterkrankungen noch auf uns zukommen wird.

 

Zu 3: Ja mehrfach! Und zwar auch auf verschiedene Arten: Gutmütig, Geduldig, Erklärend und auch mit der ganz brachialen Holzhammermethode. Die Reaktion war eigentlich immer gleich: Alles wird gutgehen, Zweitmeinung ist totaler Quatsch und mit dem Rauchen hat es Zeit bis zur AHB, vorzeitig wegen der starken Symptome ins Krankenhaus gehen geht auf keinen Fall (schönes Wetter, viel zu tun). Auf die Frage, wie zum Geier er es sich vorstellt die erste Zeit alleine zu stemmen, bekommt man keine richtige Antwort, nur das er genug Bekannte hat die sich gerne kümmern (auf die Frage wer, kommt allerdings keine Antwort) und alles halb so schlimm werde. 5 Min. später dann jeweils großer Katzenjammer: warum er, was soll er nur machen und das böse Schicksal. Man gelangt dann in eine Art Dauerschleife und erreicht nichts. Bei uns Kindern bleibt er dann ruhig, wir dachten, vielleicht will er es von uns fernhalten. Aber auch wenn Freunde mit ihm sprechen, ist es genauso, nur mit dem Unterschied, dass er dann sehr sehr sauer wird.

 

So, das wurde jetzt ein Roman. Auch wenn es manche vielleicht nervt. Aber ich finde genau das macht dieses Forum aus: man wird fachlich wie auch seelisch aufgefangen.

 

Liebe Grüße

Sabine

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Liebe Sabine,

 

mir steht es nicht zu, Deine selbstreflexiven Gedanken zu kommentieren oder gar zu 'bewerten', dennoch möchte ich Dir zumindest sagen, dass sie sich für mich stimmig anhören und, was Dich betrifft, auch "gut" (das mag oberlehrerhaft klingen, doch so meine ich es nicht).

 

Noch zwei kurze Überlegungen:

Mich ärgert einfach die Sturheit, wie er mit seiner Gesundheit umgeht und wie egal es ihm ist, was wir Kinder dann für "Stress" haben, weil er sich um nichts kümmert. Das sind Verhaltensweise, die ich so nicht an ihm kenne und die mich sehr stark an meine damals demente Oma in der Anfangsphase erinnern. [...]
Mich machen unklare Situationen einfach irre.

 

Diese Dir neue Verhaltensweise, die Dir nun diesen Rollenwechsel abverlangt (das Kind wird zum 'Elternteil' der Eltern) und die ich "Regression" (wenn nicht "Infantilisierung") der Eltern nenne, kommt mir sehr bekannt vor:
Nachdem mein Vater gestorben war, konnte man bei meiner Mutter, einer ehemals sehr dominanten und selbständigen Frau, förmlich zusehen, wie sie gegenüber ihren Kindern in die Rolle des hilflosen Kindes 'zurückschnurrte' (sie war da 67); und ich fand das so nervig, wie Du es offenbar auch findest (außerdem empfand ich es als Manipulationsversuch, aber das rührt von einer anderen Geschichte her).

Wie man damit einen Umgang finden soll, weiß ich leider nicht.

 

Wenn unklare Situationen für Dich ein Problem sind, dann scheinst Du bisher ziemlich viel Glück und Sicherheit erlebt zu haben. Ich wünsche Dir herzlich, dass das noch lange so weitergehen möge!

 

Liebe Grüße

Corinna

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Hallo Zusammen,

 

Noch 3 Wochen. Aber trotzdem habe ich eine vielleicht wichtige Zwischenfrage:

 

Darf man Duiretika einfach mal einen Tag nehmen und dann wieder nicht?

 

Ich kann mir das nicht so ganz vorstellen, werde aber von der Google-Suche auch nicht so ganz schlau draus.

 

Danke und Liebe Grüße

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Hallo Zusammen,

 

Ich hab doch noch was gefunden:

 

Die vermehrte Ausscheidung von Mineralsalzen und Wasser durch die Schleifendiuretika möchte der Körper durch eine Gegenregulation ausgleichen. Werden die Schleifendiuretika abgesetzt, bleibt nach Behandlungsende anfangs diese Gegenregulation erhalten. Sie führt zu einer verminderten Harnmenge und damit wieder zur Bildung von Ödemen. Schleifendiuretika dürfen daher nicht plötzlich abgesetzt werden, sondern müssen nach Anweisung des Arztes ausschleichend dosiert werden.

 

Also nix mit: ich nehme das heute mal und morgen nicht. Mal gucken, ob er diese Information ernst nimmt.

 

Lg

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Hallo Sabine

 

Ich denke mit deiner Info liegst du goldrichtig. Ich hatte vor meiner OP auch Wassereinlagerungen - was zu erschwertem atmen führte. Weniger Wasser im Körper bedeutet Entlastung für den ganzen Körper - also auch für Herz u. Lunge. Ich würde dazu raten die Tabletten AUF JEDEN FALL durchgehend einzunehmen. ..

wünsche dir ein ganz schönes Wochenende...

ursela.

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